KI in der Industrie: Warum es vorerst keine Allzwecklösung geben wird
Microsofts Deutschland-Chefin Marianne Janik gab zum Auftakt der diesjährigen Hannover Messe eine klare Stoßrichtung vor: „Künstliche Intelligenz kann eine enorme Schubkraft für Deutschland entwickeln, gerade in Kernbereichen wie in der klassischen Industrie, wo ja über Jahre hinweg die Dinge nicht wirklich vorangegangen sind.“ Mit diesem Statement traf Janik den Ton fast aller, die auf der Messe nach ihr eine Bühne betreten haben.
Doch sollte man bei all der Euphorie rund um KI-Tools wie ChatGPT und Dall-E nicht vergessen, dass jedes Werkzeug sein spezielles Einsatzgebiet hat. Unternehmen setzen KI-Tools zwar zunehmend ein, aber gerade in der Industrie wird es weiterhin keine KI für alle Fälle geben.
Grundlagen schaffen: Keine Intelligenz ohne digitale Datenprozesse
Die große Herausforderung auf dem Weg zu mehr KI-Anwendungen meistert die Industrie nur dann, wenn möglichst integrierte Datenprozesse für den digitalisierten Shopfloor vorherrschen. Gerade für Mittelständler ist dies Stand heute noch eine beträchtliche Hürde. Stehen die notwendigen Ressourcen für derartige Kraftakte intern nicht zur Verfügung, können externe Partner Abhilfe schaffen.
Sobald die digitale Datengrundlage steht, bieten Lösungen wie das Werkzeugtracking entscheidenden Mehrwert. Sie sammeln Daten von Maschinen und Tools auch während manueller Arbeitsschritte, digitalisieren diese und spielen sie ins System zurück. Die angeschlossene KI kann somit sinnvoll lernen, da die fruchtbare Datengrundlage stetig wächst. Kombiniert man beispielsweise Werkzeugtracking von EXTEND3D mit dem KI-System Analyser des Anbieters Contech Software & Engineering, lassen sich auf Basis der weitergegebenen Daten Fehlerursachen identifizieren und sofort geeignete Gegenmaßnahmen vorschlagen oder direkt umsetzen. Unternehmen sparen so in Entwicklung und Produktion bis zu 60 Prozent an Energie, Ressourcen und Material. Die Branche vernetzt sich aktuell stark, um ein KI-Ökosystem aufzubauen. Neben Contech arbeitet EXTEND3D beispielsweise auch mit dem Bildverarbeitungs-Anbieter MVTec zusammen.
Verschiedene KIs gewinnbringend einsetzen
Im Kern von Industrie-KI steht schon heute die sogenannte Workflow Intelligence. Unternehmen machen es sich zunehmend zur Aufgabe, Workflows in der Produktion durchgängig zu digitalisieren. Dabei ist entscheidend, dass KI neben der Unterstützung von Tätigkeiten auch deren korrekte Umsetzung digital erfasst und abbildet. Arbeitsschritte werden nach der Durchführung verifiziert und dokumentiert. So stellen Unternehmen sicher, dass Reihenfolgen leichter eingehalten und Workflows richtig durchgeführt sind.
Parallel zu Workflow Intelligence wird jedoch auch generative KI Einzug in der Industrie halten. Die Assistenten können dabei nicht nur Texte und Bilder generieren, sondern auch zunehmend bei CAD-Modellen unterstützen. Es ist absolut realistisch, dass schon bald der Chatbot Vorbereitungstätigkeiten zum Einsatz der dynamischen Laser- und Videoprojektion übernimmt. So sammeln Unternehmen beispielsweise eine Reihe an Daten, benötigen für einzelne Lösungen jedoch nur Bausteine. Hier kann die KI unter die Arme greifen, indem sie relevante Daten für Anwendungen aussiebt.
Gegenüber cloudbasierten KI-Angeboten mag es weiterhin berechtigte Vorbehalte geben. Doch schon in wenigen Jahren werden große Industrieunternehmen hochkomplexe KIs im eigenen Rechenzentrum trainieren können.
Fazit: hybrider Einsatz unterschiedlicher KIs birgt großes Potenzial
Erfreulicherweise wächst jüngst auch im Mittelstand die nötige Datenexpertise zur Integration von KI-Anwendungen exponentiell an. Gerade weil sich verschiedene Spezialisten im KI-Ökosystem besser vernetzen, kommt es immer schneller zu Durchbrüchen und Erfolgen.
Die Appelle nach mehr künstlicher Intelligenz auf der Hannover Messe sind also durchaus angebracht. Allem Hype zum Trotz sollten sich Unternehmen jedoch bewusst machen, dass es für die Industrie vorerst kein Schweizer Taschenmesser unter den KIs geben wird. Stattdessen sollte man Business Cases und Einsatzszenarien prüfen und dann die passenden KI-Lösungen wählen. Anschließend gilt es, die wichtigsten Prozesse zu digitalisieren. Nur dann verfügen KI-Werkzeuge über die notwendige Datengrundlage, um echten Mehrwert zu bieten.
Gerade in den Bereichen Workflow Intelligence und Datenvorbereitung gibt es schon heute zahlreiche Anwendungsszenarien, in denen KI die Arbeit am Shopfloor optimiert. Die Herausforderung besteht darin, diese über Schnittstellen miteinander zu verbinden und strategisch zu integrieren. Dafür arbeitet die KI-Branche immer enger zusammen und es bilden sich völlig neue Partner-Ökosysteme heraus – ein Ausblick, der nur optimistisch stimmen kann.
